Datum: 8 Oktober 2020
Nach einem Urteil des EuGH vom 2. Juli 2020 (Az.: C -684/19) ist Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.10.2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken dahin auszulegen, dass eine im geschäftlichen Verkehr auftretende Person, die auf einer Webseite eine Anzeige hat platzieren lassen, durch die eine Marke eines Dritten verletzt wird, das mit dieser Marke identische Zeichen nicht benutzt, wenn Betreiber anderer Webseiten diese Anzeige übernehmen, indem sie sie auf eigene Initiative und im eigenen Namen auf diesen anderen Webseiten veröffentlichen.
Der Entscheidung des EuGH lag ein Rechtsstreit zweier Rechtsanwaltskanzleien über die Benutzung des Zeichens „mbk“ zugrunde. Vor dem Landgericht Düsseldorf hat sich die Klägerin erfolgreich gegen die Benutzung des Zeichens „mbk“ durch die Beklagte gewandt. Die Klägerin ist Inhaberin der deutschen Marke „MBK Rechtsanwälte“, eingetragen für Rechtsdienstleistungen. Das Urteil wurde rechtskräftig.
Allerdings führte auch in der Folgezeit eine Eingabe von „mbk Rechtsanwälte“ bei Google zu Treffern auf mehreren Webseiten mit Unternehmenseinträgen, auf denen eine Anzeige für die Rechtsdienstleistungen der Beklagten erschien. Die Klägerin beantragte daraufhin beim Landgericht Düsseldorf die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die Beklagte.
Die Beklagte wehrte sich hiergegen mit dem Argument, sie habe nur eine Eintragung in dem Verzeichnis „Das Örtliche“ im Internet vorgenommen und diese Eintragung infolge des Urteils löschen lassen. Weitere Maßnahmen könnten von ihr nicht gefordert werden. Sie habe keine Einträge auf anderen Webseiten beantragt.
Das Landgericht Düsseldorf sah hierin dennoch einen Verstoß gegen die Unterlassungspflicht aus dem Urteil und gab daher dem Antrag der Klägerin statt. Hiergegen legte die Beklagte sofortige Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf ein, welches sodann das Verfahren aussetzte und dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vorlegte:
„Nimmt ein Dritter, der in einer auf einer Website veröffentlichten Eintragung erwähnt wird, die ein Zeichen enthält, das mit einer Marke identisch ist, eine Benutzung dieser Marke im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 vor, wenn die Eintragung selbst nicht von ihm platziert worden ist, aber von dem Betreiber der Website von einer anderen Eintragung übernommen worden ist, die der Dritte in die Marke verletzender Weise platziert hat?“
Hintergrund diese Vorlagefrage war, dass das OLG Düsseldorf Zweifel an ständigen deutschen Rechtsprechungspraxis hegte, die in solchen Fällen von einer Verpflichtung ausgeht, auch andere Webseiten auf etwaige Übernahmen der eigenen Anzeige hin zu untersuchen und auf deren Löschung hinzuwirken. Das OLG Düsseldorf bezweifelte, dass diese Rechtsprechung mit der Daimler-Entscheidung des EuGH vom 2. März 2016 (Az.: C-179/15) vereinbar ist.
Der EuGH bestätigte die Auffassung des OLG Düsseldorf und entschied, dass einer Person unter dem Blickwinkel von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 selbständige Handlungen anderer Wirtschaftsteilnehmer wie die der Betreiber von Referenzierungswebseiten, mit denen sie keine unmittelbare oder mittelbare Beziehung unterhält und die nicht in ihrem Auftrag und für ihre Rechnung, sondern auf eigene Initiative und im eigenen Namen handeln, nicht zuzurechnen sind. Unter „Benutzen“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 versteht der EuGH ein aktives Verhalten und eine unmittelbare oder mittelbare Herrschaft über die Benutzungshandlung. Diese Voraussetzungen sind bei Handlungen eines unabhängigen Wirtschaftsteilnehmers nicht erfüllt. Der womöglich aus der Handlung resultierende wirtschaftliche Vorteil für diese Person, reicht nach Ansicht des EuGH für eine Benutzung nicht aus.
Der EuGH hat mit dieser Entscheidung die Handlungspflichten eines Verletzers in markenrechtlichen Streitigkeiten angemessen eingeschränkt und die erforderlichen Prüfpflichten auf dessen unmittelbaren Einflussbereich beschränkt. Das OLG Düsseldorf wird in diesem Fall nun zu prüfen haben, ob sich aus einem Verhalten der Beklagten im Rahmen einer unmittelbaren oder mittelbaren Beziehung zwischen ihr und den Betreibern der betreffenden Webseiten ergibt, dass diese Betreiber die Anzeige im Auftrag und für Rechnung der Beklagten online gestellt hatten.
Aus der Sicht des Vereinigten Königreichs und der EU bestätigt diese Entscheidung, dass ein Beklagter nur für rechtswidrige Werbeinhalte, die auf seine Anweisung hin online gestellt wurden, haftbar gemacht werden kann. Er ist nicht verantwortlich für die weitere Reproduktion solcher Inhalte oder Anzeigen durch Drittbetreiber anderer Websites auf eigene Initiative. Dies erscheint sinnvoll, da eine gegenteilige Entscheidung dazu geführt hätte, dass Beklagte für rechtsverletzende Inhalte, die ohne ihr Wissen oder ihre Beteiligung online gestellt wurden, haftbar gemacht werden können. Dies steht im Widerspruch zur bisherigen Rechtslage in Deutschland, und die deutschen Gerichte müssen nun ihre Praxis mit diesem Urteil in Einklang bringen.
Markeninhaber können ihre Rechte aber nach wie vor gegen Dritte durchsetzen, die Inhalte von anderen Websites übernehmen. Dieser Fall unterstreicht daher die Bedeutung der Überwachung auf Verletzung von Markenrechten durch entsprechende Internet-Überwachungsdienste.
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