Datum: 24 Juli 2020
Der Bundesgerichtshof hat sich erneut mit Marken der Firma Ritter Sport aus den Jahren 1996 und 2001 befasst. Diese Marken zeigen eine neutralisierte Verpackung der bekannten quadratischen Schokoladentafeln für „Tafelschokolade“.
Milka hatte gegen diese Marken Anträge auf Löschung gestellt. Da die Verpackungen als verkehrsdurchgesetzt nachgewiesen waren, blieb nur eine Löschung wegen einer der Gründe des § 3 (2) Markengesetz. Demnach sind dem Markenschutz Zeichen nicht zugänglich, die ausschließlich aus Formen oder anderen charakteristischen Merkmalen bestehen, die (1) durch die Art der Ware selbst bedingt sind oder (2) die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind oder (3) die der Ware einen wesentlichen Wert verleihen.
Milka hatte die Fälle (1) und (3) geltend gemacht. In einer früheren Entscheidung (I ZB 105/16 und I ZB 106/16 vom 18.10.2017) hatte der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die quadratische Grundfläche des Verpackungskörpers als alleiniges wesentliches Merkmal der in der Marke wiedergegebenen Form der Warenverpackung nicht durch die Art der Ware selbst bedingt ist. Demnach war der Löschungsantrag, der sich auf den Fall (1) bezog, nicht erfolgreich, und das Verfahren ging zurück an das Bundespatentgericht zur Verhandlung von Fall (3).
In der aktuellen Entscheidung (I ZB 42/19 und I ZB 43/19 vom 23.7.2020) hat der Bundesgerichtshof nun zu Fall (3) festgestellt, dass die quadratischen Grundflächen der geschützten Verpackungen als einzig wesentliches Merkmal der Tafelschokolade keinen wesentlichen Wert verleihen. Hierbei kommt es darauf an, welche Warenkategorie beansprucht ist, ob die beanspruchte Form einen künstlerischen Wert aufweist, ob sich im Vergleich zu anderen Formen auf dem jeweiligen Markt eine Andersartigkeit ergibt, ob sich ein bedeutender Preisunterschied gegenüber ähnlichen Produkten ergibt oder ob eine Vermarktungsstrategie ausgearbeitet ist, die hauptsächlich die ästhetischen Eigenschaften der Waren herausstreicht. Es kommt demnach darauf an, ob sich aus objektiven und verlässlichen Gesichtspunkten ergibt, dass die Kaufentscheidung der Verbraucher in hohem Maß durch das fragliche Merkmal bestimmt wird.
Unbeachtlich ist es dagegen, wenn die Vermarktungsstrategie – wie im Fall Ritter Sport – zwar das Gestaltungsmerkmal herausstellt („Quadratisch. Praktisch. Gut.“), so dass die Kaufentscheidung der Verbraucher durch das Merkmal mitbestimmt wird, wenn die Verbraucher aber in dem Merkmal einen Herkunftshinweis sehen und beispielweise bestimmte Qualitätserwartungen verbinden.
Für Ritter Sport bedeutet diese Entscheidung einen Sieg im Quadrat für die eigene quadratische Aufmachung. Für alle anderen bedeutet sie, dass ein hoher Wiedererkennungswert durch eine beanspruchte Aufmachung der Ware nicht automatisch einen wesentlichen Wert im Sinne von § 3 (2) Nr. 3 Markengesetz verleiht.
Vielmehr sollte bei einer Vermarktungsstrategie sorgfältig darauf geachtet werden, dass nicht hauptsächlich die ästhetischen Eigenschaften der Merkmale, die unter Schutz gestellt sind, herausgehoben werden.
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