Datum: 2 Juni 2020
Geht es um den Schutz von technischen Erfindungsleistungen steht allgemein das Patent im Vordergrund der patent- und rechtsanwaltlichen Beratung. Neben einem Patentschutz können technische Erfindungsleistungen jedoch auch über ein Gebrauchsmuster geschützt werden. Das Gebrauchsmuster wird oft als „kleines Patent“ bezeichnet. Es war ursprünglich dazu gedacht, Erfindern einen schnellen und kostengünstigen Schutz bei „kleinen“ Erfindungen zu gewähren. Heute hat sich das Gebrauchsmuster über diese Fälle hinaus zu einem für die Praxis zentralem Schutzrecht entwickelt, dass obgleich einiger Schwächen auch ganz spezielle Vorteile gegenüber dem Patent zu bieten hat.
Als „kleines“ Schutzrecht ist das Gebrauchsmuster in einigen Punkten schwächer als das Patent. Zum einem bietet das Gebrauchsmuster nur einen maximalen Schutz von 10 Jahren, während ein Patentschutz für 20 Jahre besteht. Für Produkte, die langen Entwicklungszyklen unterliegen, sind Gebrauchsmuster daher seltener geeignet. Darüber hinaus können auch nicht alle technischen Erfindungsleistungen durch ein Gebrauchsmuster geschützt werden. Ausgeschlossen sind nach § 2 Nr. 3 GebrMG beispielsweise Verfahren.
Ein zentraler Unterschied zwischen Patent und Gebrauchsmuster ist, dass ein Gebrauchsmuster durch das DPMA eingetragen wird, ohne dass zuvor eine Prüfung hinsichtlich Neuheit, erfinderischer Schritt oder gewerblicher Anwendbarkeit erfolgt. Das Eintragungsverfahren dauert daher in der Regel wenige Wochen. Daher ist die Eintragung eines Gebrauchsmusters im Vergleich zum Patent auch wesentlich günstiger.
Im Gegensatz zum Patent, bei welchem der absolute Neuheitsbegriff gilt, bilden im Falle eines Gebrauchsmusters lediglich schriftliche Beschreibungen und öffentliche Benutzungshandlungen in Deutschland den Stand der Technik. Öffentliche Benutzungen der Erfindungen im Ausland können einem Gebrauchsmuster also nicht entgegengehalten werden.
Für den Anmelder besteht ein weiterer Vorteil zudem darin, dass eine eigene Veröffentlichung der Erfindung keinen neuheitsschädlichen Stand der Technik begründet, sofern diese nicht länger als sechs Monate vor dem Zeitrang der Anmeldung stattgefunden hat. Eine innerhalb von sechs Monaten vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag erfolgte Beschreibung oder Benutzung bleibt nämlich außer Betracht, wenn sie auf der Ausarbeitung des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers beruht.
Neben einer „normalen“ Gebrauchsmusteranmeldung kann das Schutzrecht auch als sog. abgezweigtes Gebrauchsmuster eine bedeutende Rolle sowohl im Patenterteilungsverfahren als auch im Einspruchsverfahren einnehmen. Das für die Patentanmeldung geltende Prioritätsrecht bleibt dem Gebrauchsmuster erhalten.
Im Zeitraum zwischen Anmeldung und Patenterteilung entfaltet eine Patentanmeldung noch nicht denselben Schutz wie ein erteiltes Patent. Das aus der Patentanmeldung abgezweigte Gebrauchsmuster kann diese Schutzlücke schließen. Auch für den Fall, dass Patentschutz aufgrund einer auf den Erfinder oder seinen Rechtsnachfolger zurückgehenden Vorveröffentlichung nicht mehr gewährt werden kann, bietet eine Abzweigung eines Gebrauchsmusters aufgrund der sechsmonatigen Neuheitsschonfrist eine Möglichkeit, die Erfindung doch noch wirksam zu schützen.
Die Gebrauchsmusterabzweigung muss spätestens zwei Monate nach Ende des Monats erfolgen, in dem die Patentanmeldung erledigt ist. Die Erledigung einer Patentanmeldung tritt beispielsweise ein, sobald der Beschluss über die Zurückweisung der Patentanmeldung oder der Beschluss über die Patenterteilung rechtskräftig ist. Mit der Einspruchseinlegung gegen ein erteiltes Patent lebt die Möglichkeit zur Abzweigung eines Gebrauchsmusters jedoch wieder auf. Die Möglichkeit zur Abzweigung eines Gebrauchsmusters endet automatisch 10 Jahre nach Anmeldetag der Patentanmeldung, von der das Gebrauchsmuster abgezweigt werden soll – unabhängig davon, ob die Patentanmeldung bereits erledigt ist oder nicht.
Ein weiterer Vorteil besteht in der Möglichkeit, Gebrauchsmuster maßgeschneidert für einen bestimmten Verletzungsgegenstand abzuzweigen. Die Schutzansprüche des abgezweigten Gebrauchsmusters werden hierfür soweit beschränkt, dass der Verletzungsgegenstand noch in den Schutzbereich des Gebrauchsmusters eingreift. Ein Verletzungsanspruch bleibt somit trotz der Beschränkung begründet. Gleichzeitig wird die Angriffsfläche des Gebrauchsmusters für einen möglichen Löschungsangriff hierbei so weit reduziert, dass der Verletzungsgegner die Löschung des Gebrauchsmusters oftmals nicht mehr bewirken kann.
Das Gebrauchsmuster bietet somit eine Vielzahl interessanter strategischer Aspekte – als eigenständiges und als flankierendes Schutzrecht.
Unser Team aus Patent- und Rechtsanwälten berät Sie in allen Fragen rund um die Anmeldung und Durchsetzung von Gebrauchsmustern. Sollten Sie diesbezüglich Fragen haben, wenden Sie sich bitte gerne an uns.