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Anmerkungen

Think about DESIGN!

Datum: 7 April 2021

Eine Anmerkung zur Bedeutung des Designschutzes anlässlich der „Papierspender“ - Entscheidung des BGH vom 7. Oktober 2020 (Az. I ZR 137/19).

 

Stehen Unternehmen vor der Frage, wie sie ihre Produkte am besten vor Nachahmungen schützen können, richtet sich der Fokus schnell auf die Anmeldung von technischen Schutzrechten, wie einem Patent oder einem Gebrauchsmuster. Weniger augenscheinlich ist, dass es sich lohnen kann, auch über einen designrechtlichen Schutz einer besonderen Produktgestaltung nachzudenken.

 

Voraussetzungen für einen Designschutz

 

Durch das Design wird die Erscheinungsform eines Produktes gegen Nachahmungen geschützt. Voraussetzung für einen Designschutz ist, dass diese Erscheinungsform zum Zeitpunkt der Anmeldung des Designs neu ist und Eigenart besitzt. Es darf vor dem Anmeldetag also kein identisches oder in unwesentlichen Merkmalen abweichendes Muster der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sein. Zudem muss sich der Gesamteindruck des Musters von bereits bekannten Erscheinungsformen unterscheiden.

 

Neben diesen beiden Grundvoraussetzungen darf auch kein Ausschlussgrund nach § 3 DesignG greifen. In der Praxis besonders relevant ist der Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 DesignG, wonach Erscheinungsmerkmale von Erzeugnissen, die ausschließlich durch deren technische Funktion bedingt sind, vom Designschutz ausgeschlossen sind. Insbesondere jedoch dann, wenn ein Produkt auch Gegenstand eines technischen Schutzrechtes ist, gerät dieser Ausschlussgrund in den Fokus.

 

Zur „Papierspender“-Entscheidung des BGH

 

Gegenstand der hier genannten Entscheidung war ein Papierspender der Klägerin, dessen Gestaltung durch ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschüDer BGH hat in seiner „Papierspender“-Entscheidung vom 7. Oktober 2020 (Az.: I ZR 137/19) nun nochmals ausdrücklich bestätigt, dass es der Schutzfähigkeit eines Designs (bzw. eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters) nicht entgegensteht, wenn für dasselbe Erzeugnis ein technisches Schutzrecht beantragt oder erteilt wurde.tzt wurde. Gleichzeitig zur Anmeldung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters hatte die Klägerin auch ein deutsches Gebrauchsmuster angemeldet. Auf Basis dessen Priorität war später zugunsten der Klägerin ein Europäisches Patent erteilt worden. Aus ihrem Gemeinschaftsgeschmacksmuster ging die Klägerin gegen die Beklagte, einen Mittbewerber, vor. Die Beklagte verlangte widerklagend die Löschung des Gebrauchsmusters, denn das Gebrauchsmuster sei ausschließlich technisch bedingt. Als Indiz führt die Beklagte das Europäische Patent an, aus welchem die Merkmale des Gebrauchsmusters hervorgingen.

 

Das Oberlandesgericht war der Auffassung der Beklagten gefolgt und hatte dem Gebrauchsmuster wegen ausschließlicher technischer Bedingtheit die Schutzfähigkeit vor dem Hintergrund der Patentoffenlegungsschrift abgesprochen und die Verletzungsklage abgewiesen.

 

Der BGH hingegen machte in seiner Entscheidung nun deutlich, dass das Oberlandesgericht der indiziellen Bedeutung der Patentoffenlegungsschrift eine zu große Bedeutung beigemessen hat. Zwar könnten Ansprüche, Beschreibungen und Zeichnungen einer Offenlegungsschrift eines Patents Aufschluss darüber geben, welche Merkmale die dem Patent zugrundeliegende technische Lehre verwirklichen und daher zumindest auch technisch bedingt sind. Allerdings betonte der BGH, dass es weder einen Erfahrungssatz noch eine tatsächliche Vermutung dafür gäbe, dass mit der visuellen Erscheinung eines Erzeugnisses zusammenhängende Erwägungen keine Rolle bei der Entscheidung für ein Erscheinungsmerkmal gespielt haben, das ausweislich einer Patentoffenlegungsschrift für dessen technische Funktion erforderlich ist. Erwägungen, die mit der visuellen Erscheinung einzelner Erscheinungsmerkmale zusammenhängen, seien in einer Patentoffenlegungsschrift weder notwendig noch per se ausgeschlossen. Es sei vielmehr zu prüfen, ob außerhalb der Patentoffenlegungsschrift liegende objektive Umstände auf eine visuelle Bedingtheit des betreffenden Erscheinungsmerkmals hindeuten. Insoweit trifft den Designinhaber eine sekundäre Darlegungslast. Der Designinhaber muss also darlegen, warum die gewählte Gestaltungsform nicht ausschließlich technisch bedingt ist.

 

Hinweise für die Praxis

 

Für die Anmeldepraxis von technischen Schutzrechten folgt aus dieser Entscheidung, dass technische Zeichnungen verwendet werden sollten, welche lediglich abstrakt die technisch notwendigen Merkmale enthalten. Ansonsten sollten sie auf gestalterische Elemente weitestgehend verzichten. Hierdurch kann auch vermieden werden, dass in technischen Schutzschriften verwendete technische Zeichnungen zum vorbekannten Formenschatz gezählt werden. Dies zeigt beispielsweise auch die aktuelle Expansionsventil-Entscheidung des BPatG, wobei Gegenstand dieser Entscheidung gerade auch technische Schnittzeichnungen waren, die insbesondere den inneren Aufbau des betreffenden Produktes zeigten. (vgl. Beschluss des BPatG vom 10. Dezember 2020, Az. 30 W (pat) 801/18).

 

Zugleich stellt die „Papierspender“-Entscheidung des BGH aber auch nochmal eindrücklich klar, dass Designrechte und technische Schutzrechte nebeneinander bestehen können und unterstreicht damit deren jeweils ganz eigenständigen Wert im Rahmen eines starken IP-Portfolios.

 

Unser Team aus Patent- und Rechtsanwälten berät Sie gerne zu allen Fragen rund um die Anmeldung von IP-Rechten: Kontaktieren Sie Uns

 

 

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