Datum: 4 Oktober 2021
Die Lindt & Sprüngli Gruppe (Lindt) ist ein Hersteller von Schokoladenprodukten. Sie verklagte die bayerische Confiserie Heilemann, weil diese Schokoladenosterhasen in Goldfolie verkaufte. Die Klägerinnen waren der Ansicht, dass sie Inhaberinnen einer Benutzungsmarke für den Goldton des "Lindt-Goldhasen" seien, und stützten ihre Rechte auf eine nicht eingetragene Marke für dessen goldene Farbe, die sie durch die Benutzung in Deutschland erworben hätten. Sie verlangten ferner, dass die Beklagte den Vertrieb ihrer Schokoladenhasen unterlässt. Außerdem beantragten sie die Feststellung, dass die Gegenseite schadensersatzpflichtig ist.
Lindt Schokoladenhase.
Die Beklagte, die bayerische Confiserie Heilemann, ist ebenfalls ein Hersteller von Schokoladenprodukten. Die Beklagte vermarktete in der Ostersaison 2018 ebenfalls einen sitzenden Schokoladenhasen in goldfarbener Folie in der Aufmachung wie folgt:
Heilemanns Schokoladenhase.
Das Oberlandesgericht München hatte die Verletzungsklage gegen das Konkurrenzprodukt unter Ablehnung eines Markenschutzes für die goldfarbene Folie abgewiesen. Es hielt die Klage für unbegründet, weil Lindt nicht Inhaberin einer Benutzungsmarke nach § 4 Nr. 2 MarkenG für den Goldton des "Lindt Goldhasen" sei. Der Farbton habe für das Produkt Schokoladenhasen keine Bekanntheit erlangt.
LG München I - Urteil vom 15. Oktober 2019 - 33 O 13884/18
OLG München - Urteil vom 30. Juli 2020 - 29 U 6389/1
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit dem Urteil vom 29. Juli 2021 (Az. I ZR 139/20) der Revision der Klägerinnen stattgegeben und entschieden, dass es sich bei dem goldenen Farbton von Lindt um einen bekannten Schokoladenosterhasen handelt, der in den maßgeblichen Verkehrskreisen tatsächlich als Marke für Schokoladenhasen bekannt geworden ist. Nach § 4 Nr. 2 MarkenG entsteht Markenschutz durch die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr, soweit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben hat.
Der BGH stützte seine Feststellungen auf mehrere von den Klägerinnen vorgelegte Beweismittel. Zum einen wird der "Lindt Goldhase" in Deutschland seit 1952 in Goldfolie angeboten. Der eigentliche Goldton ist seit 1994 unverändert geblieben. Die Klägerinnen wiesen nach, dass sie in den vergangenen 30 Jahren mehr als 500 Millionen Goldhasen in Deutschland verkauft haben. Zudem ist der "Lindt Goldhase" mit einem Marktanteil von über 40 % (2017) der mit Abstand meistverkaufte Schokoladenosterhase in Deutschland. All diese Argumente werden durch die Verkehrsbefragung gestützt, die bestätigt, dass 70% der Befragten den Goldton, der für die Folie des "Lindt-Goldhasen" in Verbindung mit dem Schokoladenhasen verwendet wird, Lindt zuordnen. Diese Zahl liegt deutlich über der für die Unterscheidungskraft von Farbmarken erforderlichen Schwelle von 50%.
Laut BGH hatte sich die Farbe damit als sogenannte Benutzungsmarke etabliert und der Umstand, dass Lindt den Goldton nicht als Hausfarbe für alle seine Produkte verwendet ist für den Fall nicht relevant. Siehe z.B. die folgende Produkte:
oder
Auch wurde das Argument der Beklagten, dass der Hase noch an anderen charakteristischen Merkmalen wie dem roten Halsband mit Glöckchen zu erkennen sei, vom Gericht nicht berücksichtigt. Der Erwerb von Bekanntheit setzt nicht voraus, dass der Farbton als "Hausfarbe" für alle oder zahlreiche Produkte des Unternehmens verwendet wird.
Durch die Entscheidung des BGH ging der Fall erneut an das Oberlandesgericht München zurück, da die Markenrechtsverletzung noch zu klären ist.
Bundesgerichtshof - Urteil vom 29. Juli 2021 - I ZR 139/20
Dies war nicht der erste Fall, in dem Lindt versuchte, Konkurrenten daran zu hindern, Schokoladenhasen in einer Goldfolie zu vermarkten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat den Hoffnungen von Lindt auf eine EU-Marke im Jahr 2012 ein Ende gesetzt. Der lange Streit begann im Oktober 2005, als Lindt eine EU-Marke für seinen in Goldfolie verpackten Schokoladenhasen mit roter Schleife und Glöckchen anmeldete. Der Prüfer wies die Marke mit der Begründung zurück, dass diese keine Unterscheidungskraft habe und sich die vom Anmelder vorgelegten Nachweise für die erworbene Unterscheidungskraft nur auf Deutschland bezögen. In der Entscheidung vom 24. Mai 2012 (in der Rechtssache C-98/11 P Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli AG gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM)) hat der EuGH den Markenschutz für die Form des in Goldfolie eingewickelten Schokoladenhasen verneint.
Auch in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Urteil vom 27. Oktober 2011 - 6 U 10/03) scheiterte der Versuch, die EU-Marke von Lindt, die die Form des Schokoladenhasen mit dem Schriftzug "LINDT Goldhase" schützt, gegen den in Goldfolie verpackten Schokoladenhasen eines Konkurrenten durchzusetzen, endgültig in Deutschland. Das Gericht entschied, dass keine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken der Parteien bestehe.
Man darf gespannt sein, ob die Markenverletzung diesmal vom Oberlandesgericht München bestätigt wird. In jedem Fall ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs eine gute Nachricht für Markeninhaber, die versuchen könnten, ihre Rechte an nicht eingetragenen Marken in Deutschland durchzusetzen. Die Entscheidung gibt auch Leitlinien für die Beweise, die zur Unterstützung dieser Art von Ansprüchen vorgelegt werden sollten.
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