Datum: 1 August 2023
In einem Urteil vom 20. Juni 2023 (Aktenzeichen X ZR 31/21) hat der Bundesgerichtshof (BGH) einmal mehr präzisiert, wann auch nach dem Erlöschen des Streitpatents eine Nichtigkeitsklage noch zulässig ist, nämlich dann, wenn der Kläger ein eigenes, in seiner Person begründetes Interesse an der Nichtigerklärung des Patents hat. Die Klage ist nur noch zum Schutz individueller Rechte und Interessen möglich.
Im Leitsatz heißt es weiter: „Ein allein in der Person Dritter begründetes Interesse vermag eine Nichtigkeitsklage eben so wenig zu rechtfertigen wie ein Interesse der Allgemeinheit.“
Im vorliegenden Fall ging es um ein tragbares GPS-basiertes Gerät zur Überwachung der sportlichen Leistung. Es wurde im Verfahren teilweise für nichtig erklärt, was im hier vorliegenden Beitrag nicht näher ausgeführt wird.
Der BGH führt aus, dass sich ein eigenes (berechtigtes) Interesse daraus ergeben könne, dass der Nichtigkeitskläger eine Inanspruchnahme auch nach Ablauf der Schutzdauer Ansprüchen wegen zurückliegender Handlungen ausgesetzt sei, also solche Ansprüche wegen Verletzung des Streitpatentes besorgen müsse. Dabei solle kein allzu strenger Maßstab angelegt werden. Es reiche sogar aus, wenn der Kläger ein Interesse habe, die Inanspruchnahme eines Dritten wegen Verletzung des Streitpatentes abzuwenden. Im vorliegenden Fall sei ein berechtigtes Interesse gegeben: In einer Konstellation, in der Abnehmer eines Nichtigkeitsklägers wegen Verletzung des angegriffenen Patents durch Anbieten und Inverkehrbringen von Software in Anspruch genommen wird, sei der Ankläger zwar auch im Interesse seiner Kunden (als Dritte) tätig – die Nichtigerklärung des Streitpatents liege jedoch typischerweise zugleich in seinem eigenen Interesse, da er sie mit der Verletzungsklage angegriffenen Ausführungsformen zur Verfügung gestellt habe und deshalb nicht auszuschließen sei, dass er von seinen Abnehmern [,die selbst kein Klagerecht mehr haben] in Regress genommen wird.
Im vorliegenden Fall mussten Kunden, die eines der mit der ursprünglichen Verletzungsklage angegriffenen Geräte nutzen wollten, mit der Klägerin eine Vereinbarung über die Verarbeitung der dabei anfallenden Daten schließen. Da Abnehmer, die die in Rede stehenden Geräte zum eigenen Gebrauch erwerben, typischerweise daran interessiert seien, diese bestimmungsgemäß zu nutzen, was nur nach Abschluss einer Vereinbarung mit der Klägerin möglich sei, ohne die der Absatz der Geräte erheblich behindert werde, erbringe die Klägerin eine wesentliche Unterstützungsleistung. Daher müsse die Klägerin ernsthaft besorgen, ebenfalls wegen Verletzung des Streitpatents in Anspruch genommen zu werden.
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