Datum: 17 April 2024
Zwei aktuelle Entscheidungen zu Gebrauchsmustern zeigen Schwierigkeiten im Gebrauchsmustereintragungsverfahren auf.
Verglichen mit einem Patent ist das Gebrauchsmuster einfach und kostengünstig einzutragen, aber man sollte nicht erwarten, dass es allzu einfach ist.
Wenn ein Anmelder ein Gebrauchsmuster anmeldet, prüft das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) nur die folgenden Voraussetzungen:
In den meisten Fällen sind die Anforderungen sofort erfüllt. Ist dies nicht der Fall, fordert das DPMA den Anmelder zur Nachbesserung auf und weist die Anmeldung zurück, wenn die Fehler nicht behoben werden. Der Anmelder kann die Eintragung für bis zu 15 Monate ab dem Prioritätstag aussetzen lassen.
Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, führt das DPMA ein dreistufiges Verfahren durch: Zunächst erlässt das DPMA einen Eintragungsbeschluss, der dem Erteilungsbeschluss für ein Patent ähnelt. In den meisten Fällen ist dieser Bescheid mit "Verfügung" betitelt, nicht anfechtbar und wird dem Anmelder nicht einmal zugestellt. Nur in Ausnahmefällen, z.B. wenn einem Hilfsantrag stattgegeben wird, trägt die Entscheidung den Titel "Beschluss", wird dem Anmelder zugestellt und ist beschwerdefähig (BPatG 5 W (pat) 8/81). Da die meisten Entscheidungen intern bleiben, muss das DPMA nicht wie bei Patenten die einmonatige Beschwerdefrist abwarten, bevor es das Gebrauchsmuster einträgt. Dies entspricht auch dem Wortlaut des Gesetzes ("verfügt ... die Eintragung").
Nach § 4 Abs. 5 Gebrauchsmustergesetz sind Änderungen an der Anmeldung nur bis zur Entscheidung über die Eintragung möglich. Nach derzeitiger Praxis des DPMA sind Rücknahme und Aufschiebung der Eintragung nur innerhalb desselben Zeitrahmens möglich (Mitteilung Nr. 8/11 der Präsidentin des DPMA).
Zweitens vollzieht das DPMA die Entscheidung durch Eintragung des Gebrauchsmusters. Die Eintragung des Gebrauchsmusters ist im Register öffentlich einsehbar, und jedermann kann die Beschreibung, die Ansprüche und die Zahlen auf Antrag beim DPMA abrufen. Daher gilt das Gebrauchsmuster von diesem Tag an als veröffentlicht und damit als Stand der Technik für jede spätere Anmeldung. Die Eintragung erfolgt in der Regel etwa 6 Wochen nach dem Antrag (nach dem Anmeldetag oder dem Abzweigungsantrag).
Anders als bei Patenten entsteht das Gebrauchsmuster rechtlich erst durch die Eintragung (hierdurch erlischt die Anmeldung) und nicht durch die Eintragungsverfügung bzw. den Erteilungsbeschluss. Die Anmeldung eines Gebrauchsmusters stellt also einen Antrag auf Eintragung und nicht auf Erteilung dar. Vom Zeitpunkt der Eintragung an kann es gegen einen Verletzer verwendet werden. Dies unterscheidet sich erheblich von einem Patent, das ab dem früheren Zeitpunkt der Rechtskraft des Erteilungsbeschlusses, d.h. nach Ablauf der Beschwerdefrist bzw. des Beschwerdeverfahrens, besteht, wo aber Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche erst nach der Veröffentlichung des Erteilungsbeschlusses gegen Verletzungshandlungen geltend gemacht werden können.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Eintragung in das Register konstitutiv für das Bestehen des Gebrauchsmusters ist. Wenn das DPMA beispielsweise ein Gebrauchsmuster aufgrund einer zurückgenommenen oder als zurückgenommen geltenden Anmeldung irrtümlich einträgt, führt die Eintragung nur zu einem falschen Registereintrag.
Drittens veröffentlicht das DPMA den Hinweis auf die Eintragung im Patentblatt und gibt die Gebrauchsmusterschrift heraus, in der Regel am selben Tag, und sendet dem Inhaber eine Kopie zusammen mit der Eintragungsurkunde zu. Die Veröffentlichung einer Gebrauchsmusterschrift ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber seit langem gängige Praxis, die dem Interesse der Öffentlichkeit dient, über das Bestehen der Schutzrechte informiert zu werden.
Die Eintragung von Gebrauchsmustern ist selten problematisch. Das Bundespatentgericht hat nur einen Beschwerdesenat für Gebrauchsmuster, nämlich den 35. Dieser hat im Jahr 2023 32 Fälle entschieden, bei denen es sich fast ausschließlich um Beschwerden gegen Entscheidungen des DPMA über Löschungsanträge handelt. Nur zwei Entscheidungen beziehen sich auf das Verfahren bis zur Eintragung.
In einer kürzlich ergangenen Entscheidung (BPatG 35 W (pat) 11/22 Schranknivelliervorrichtung) hatte das Bundespatentgericht über die Beschwerde eines Dritten gegen einen Beschluss zur Änderung einer Eintragung zu entscheiden. Es entschied, dass eine solche Entscheidung beschwerdefähig ist. Es wies die Beschwerde jedoch - wenig überraschend - als unzulässig zurück, da der Beschwerdeführer am erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt war. Dennoch enthält das Urteil ein interessantes obiter dictum. Die Gebrauchsmusteranmelderin/Inhaberin hatte nämlich am Ende der Beschreibung anspruchsähnliche Klauseln eingefügt, die das DPMA fälschlicherweise als Ansprüche verwendet und veröffentlicht hat, anstatt die tatsächlichen Ansprüche der Anmelderin. Erschwerend kam hinzu, dass das DPMA auf einen Antrag auf Änderung der Entscheidung lediglich mit einer Änderung des Registereintrags und der Herausgabe einer berichtigten Gebrauchsmusterschrift reagierte. Das Gericht hielt dies unter anderem aus den folgenden Gründen für falsch:
Erstens sei die Registereintragung womöglich nicht fehlerhaft, da sie dem Inhalt des Eintragungsbeschlusses entspreche. Um dem Antrag der Klägerin zu entsprechen, hätte das DPMA daher sowohl die Eintragungsentscheidung als auch die Eintragung im Register antragsgemäß ändern müssen. Bedenken äußerte das Gericht auch gegen die Praxis des DPMA, die Eintragungsentscheidung nicht in der Online-Akteneinsicht abrufbar zu machen.
Zweitens sei der Antrag auf Berichtigung von vornherein die falsche Antragsart. Er erlaubt nur die Berichtigung von offensichtlichen Fehlern. In diesem Fall hätte der Anmelder gegen die Entscheidung über die Eintragung Beschwerde einlegen müssen. Dieser Teil der Entscheidung des Senats widerspricht der Auffassung des DPMA, wonach die Entscheidung über die Eintragung nur ein interner Verfahrensschritt ist, der keine Rechte begründet oder sonstige Auswirkungen außerhalb des Patentamts hat. Der Senat sah kein Problem darin, dass der Anmelder nicht über sein Beschwerderecht informiert wird. In diesem Fall verlängert sich die Beschwerdefrist auf 1 Jahr ab Zustellung der Entscheidung. Da die Entscheidung dem Anmelder nicht zugestellt wird, sollte die Frist - so der Senat - ab dem Tag laufen, an dem der Anmelder die Gebrauchsmusterbeschreibung erhält, was in der Regel kurz nach der Veröffentlichung des Hinweises auf die Eintragung im Patentblatt geschieht.
In einer neueren Entscheidung (BPatG 35 W (pat) 11/23 Antrieb für mobile Gegenstände) hatte die Anmelderin, die nicht vertreten war, ein Gebrauchsmuster mit einem Antrag auf Verzögerung der Eintragung um 15 Monate eingereicht. Innerhalb des Prioritätsjahres meldete die Anmelderin ein Patent an, in dem sie die Priorität des Gebrauchsmusters beanspruchte und - irrtümlich - glaubte, dass die Anmeldung als zurückgenommen gelte. Dies ist jedoch nur die Folge der Inanspruchnahme der inneren Priorität eines Schutzrechts derselben Art. Als das DPMA das Gebrauchsmuster eintrug, legte die Anmelderin Beschwerde gegen die Eintragungsverfügung ein. Das Gericht entschied, dass die Beschwerde gegen die Verfügung über die Eintragung sehr wohl statthaft ist, und in diesem Fall war die Beschwerde auch zulässig. Sie war freilich unbegründet, weil die Anmeldung nicht zurückgenommen worden war.
Obwohl die Entscheidung „Schranknivelliervorrichtung“ die eigentliche Eintragung des Gebrauchsmusters als rein technischen Akt bezeichnet, steigert sie ihre rechtliche Bedeutung, indem sie feststellt, dass eine Rücknahme der Anmeldung bis zu diesem Zeitpunkt möglich ist und nicht nur bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung, über die der Anmelder nicht informiert wird. Dies wurde nun durch die Entscheidung „Antrieb für mobile Gegenstände“ bestätigt. Dies ist vorteilhaft für Antragsteller, die die Anmeldung in letzter Minute zurücknehmen wollen. Es ist auch insofern konsequent, als es dem Anmelder ermöglicht, die Gebrauchsmusteranmeldung während der gesamten Dauer ihrer Anhängigkeit zurückzunehmen. Obwohl sich der Senat nicht ausdrücklich dazu geäußert hat, dürfte der letzte Tag, an dem die Anmeldung zurückgenommen werden kann, der Tag vor der Eintragung sein. Die Anmelder sollten jedoch nicht zu sehr auf diese Möglichkeit bauen, da eine Rücknahme, die erst nach dieser Entscheidung eingereicht wird, womöglich so spät erfolgt, dass die Veröffentlichung nicht mehr verhindert werden kann.
Ein weiterer Aspekt ist, dass die Entscheidung über die Eintragung eindeutig als beschwerdefähig angesehen wird, wie schon in einer früheren Entscheidung festgestellt (35 W (pat) 1/11). Die Praxis des DPMA, Entscheidungen ohne Zustellung zu erlassen, die Anmelder nicht über ihre Rechte zu informieren und Gebrauchsmuster ohne Vorwarnung einzutragen, wird zwar in der Literatur kritisiert, z. B. GRUR-RS 2024, 2496. Sie ist aber für die Anmelder vorteilhaft, weil sie zu einer Beschleunigung von Verfahren führt, die in der überwiegenden Zahl der Fälle völlig unproblematisch sind.
Solange das DPMA seine Praxis nicht ändert, hat der Anmelder wegen der fehlenden Zustellung in den meisten Fällen eine einjährige Beschwerdefrist. Nur in den seltenen „problematischen“ Fällen (z. B. wenn nur einem Hilfsantrag stattgegeben wird) stellt das DPMA die Entscheidung zu, um dem Anmelder die Möglichkeit zu geben, Beschwerde einzulegen. Auf den ersten Blick scheint es ironisch, dass sich dadurch die Beschwerdefrist um mehr als 11 Monate verkürzt. Dies ist jedoch in gewisser Weise gerechtfertigt, weil der Anmelder weiß, dass es in diesem Fall Probleme geben könnte. In den meisten unproblematischen Fällen dürfte es dagegen gerechtfertigt sein, darauf zu vertrauen, dass das DPMA in der Lage ist, ein Gebrauchsmuster wie beantragt einzutragen. Dennoch ist es immer besser, die Gebrauchsmusterschrift sicherheitshalber auf Fehler zu überprüfen, wie der Fall „Schranknivelliervorrichtung“ nur zu gut zeigt.