Datum: 2 Mai 2023
Mit der Änderung der Regeln 126 (2) und 127 (2) EPÜ wird eine neue Zustellungsfiktion eingeführt, wonach die postalische und die elektronische Zustellung als am Datum des Schriftstücks erfolgt gelten. Die bisherige Regelung, wonach ein Schriftstück mit dem zehnten Tag nach Übergabe an den Postdienstanbieter bzw. der Übermittlung als zugestellt gilt, findet ab dem 1. November 2023 keine Anwendung mehr. Hiermit wird die Praxis der Fristenberechnung an die Realität der elektronischen Zustellung angepasst, die Zugangsverzögerungen unwahrscheinlich macht. Die Fristenberechnung im EPÜ-Verfahren wird somit bald der bereits gängigen Praxis im PCT-Verfahren entsprechen – eine begrüßenswerte Vereinheitlichung.
Wie bisher gilt die Fiktion nicht, wenn das EPA nicht nachweisen kann, dass ein Schriftstück zugegangen ist. Die Beweislast für den Zugang trägt das Amt. Für den Fall, dass ein Schriftstück doch einmal außergewöhnlich spät zugeht, wird eine Absicherung eingeführt: Wenn die Zustellung angefochten wird und das EPA nicht nachweisen kann, dass ein Schriftstück den Empfänger innerhalb von sieben Tagen nach dem Tag erreicht hat, auf den es datiert ist, verlängert sich eine durch den fiktiven Zugang dieses Schriftstücks ausgelöste Frist um die diese sieben Tage überschreitende Anzahl von Tagen.
Die Änderungen finden Anwendung auf Schriftstücke, die am 1. November 2023 oder nach diesem Tag durch Postdienste oder elektronische Mittel zugestellt werden. Da der Erlass eines Schriftstücks das den Zustellungsprozess auslösende Ereignis ist, ist der maßgebliche Tag dafür, ob die geänderten Regelungen für die Zustellung und Fristenberechnung auf ein bestimmtes Schriftstück anwendbar sind, das Datum dieses Schriftstücks.
Weiterführende Informationen und Rechenbeispiele sind auf der Website des EPA erhältlich: Klicken Sie bitte hier